Der Bau eines Instrumentes beginnt mit dem Erstellen der Disposition. Dabei ist zu berücksichtigen, für welchen Zweck das Instrument gebaut wird und wie es verwendet werden soll. Insbesondere bei kleineren Instrumenten setzt die Auswahl der einzelnen Register große Sorgfalt voraus, denn mit jedem Register, das eingesetzt wird, schränkt man sich bzw. den Spieler an anderer Stelle ein. Wir versuchen hier das Optimum in Zusammenarbeit mit dem Organisten und der Gemeinde zu erreichen.
Disposition, Mensuration – die richtige Wahl der einzelnen Pfeifenparameter im Verhältnis zur Raumakustik – und Intonation liegen bei uns in einer Hand. Das bildet die Grundlage für ein klanglich optimales Ergebnis. (Klangbeispiel: Rheinberger, Preludio op. 167)
Gerade bei kleinen Instrumenten ist es unabdingbar, daß jedes Register einen ausgeprägten Charakter aufweist, weil nur dann mit wenigen Registern ein Maximum an Klangfarbenreichtum erzielt werden kann. Hinzu kommen Expressivität, Lebendigkeit und Mischungsfähigkeit, die unseres Erachtens einen guten Orgelklang kennzeichnen. Das Ziel unserer Intonation ist ein warmer, voller und lebendiger Klang, der einen Menschen im tiefsten Inneren bewegen kann.
(Klangbeispiel: Rheinberger, Aria op. 167)
Jede Pfeife wird dafür auf den optimalen "Punkt" gebracht, d.h. alle Parameter werden so eingestellt, daß die Tongebung einer Pfeife verläßlich funktioniert. Wenn das gegeben ist, ist die Pfeife auch in der Tonhaltung stabil und muß kaum noch gestimmt werden. Außerordentlich wichtig ist das Verhältnis von Ansprache und stationärem Klang der einzelnen Pfeife. Es dürfen weder die Ansprache-Geräusche so sehr dominieren, daß sie stören, noch dürfen sie völlig beseitigt werden, sodaß ein Register konturenlos und im Gesamtklang wenig durchhörbar wird. Eine weiche Ansprache, die durch einen lebendigen Wind mit möglichst großen Magazinbälgen gefördert wird, unterstützt dieses Bemühen. Das richtige Maß bei jedem Ton, bei jedem Register wird unterschiedlich in Abhängigkeit von Raumakustik und Instrument gewählt.
(Klangbeispiel: Vierne, Impromptu f-moll)
Es wird klar, daß dies nur durch sorgfältige Arbeit zu erreichen ist und dabei musikalische Erfahrung eine große Rolle spielt. Wir bauen unsere Instrumente aus der Sicht des Spielers, des Organisten – desjenigen, der die Gemeinde zu begleiten hat – und nicht allein aus der Sicht des Orgelbauers, wobei uns das eigene Orgelspiel zugute kommt. Erst beim Literaturspiel hört man, ob musikalische Linien oder bestimmte Lagen präsent genug sind oder vielleicht nicht ausreichend durchdringen. Deswegen ist es so wichtig, daß der Intonateur selbst Orgel spielt. Regelmäßiges Orgelspiel im Gottesdienst hilft dabei, die Anforderungen der Praxis im Blick zu behalten.
Daß für ein gutes Instrument hochwertige Materialien und dauerhafte Bauweisen zur Anwendung kommen, sollte eigentlich selbstverständlich sein, ist aber trotzdem zu betonen. Dazu gehört gut abgelagertes Holz, das für entscheidende Teile, wie die Windladen, Jahrzehnte natürlich getrocknet wurde und sich entsprechend beruhigen konnte. In unserem Holzlager liegt Eichenholz, das bereits mehr als 20 Jahre getrocknet worden ist.
Grundsätzlich gilt:
Je weniger Teile ein Mechanismus hat, desto geringer ist seine Anfälligkeit. Das gilt natürlich auch für den Mechanismus Orgel!
Die besten Instrumente sind sehr einfach, ja geradezu primitiv aufgebaut!
Das bedeutet, daß die technischen Einrichtungen auf das Wesentliche reduziert sind. Außerdem sind sie technisch konsequent aufgebaut, ohne in irgendeiner Hinsicht Umwege zu gehen. Wenn man sich als Orgelbauer daran orientiert, entsteht bei einer mechanischen Schleifladenorgel fast zwangsläufig ein "klassisch" aufgebautes Instrument.
Die Grundlage dafür ist ein Orgelkonzept, das auf den vorhandenen Platz abstellt. Nicht alles, was wünschenswert ist und irgendwie möglich scheint, darf verwirklicht werden, wenn es beispielsweise auf Kosten einer guten Zugänglichkeit geht.
Weniger ist hier oft sehr viel mehr! Ist ein Instrument zugänglich, kann es gut gestimmt und gewartet werden, was der Dauerhaltbarkeit sehr zuträglich ist. Auf diese Weise wird der Wert eines Instrumentes erhalten und die Investition in ein Instrument lohnt sich - gerade auch über einen langen Zeitraum gesehen.
Die Schauseite der Orgel, der sogenannte Prospekt, muß schon im stummen Zustand dem Betrachter vermitteln, was die Orgel an Klangfülle, Majestät und Gravität darstellt, wenn sie erst einmal klingt! Er soll die Vielfältigkeit, die klanglichen Differenzierungsmöglichkeiten zeigen; auf der einen Seite die Zierlichkeit, auf der anderen aber auch die Wucht, mit der solch ein Instrument fähig ist, den Zuhörer zu beeindrucken. Darüber hinaus muß er sich auch dem Raum fügen, ohne sich ihm ganz und gar unterzuordnen.
Der Prospekt wird so angelegt, daß er schon in seinen Abmessungen Bezug auf den Raum nimmt. Der Kirchraum, in dem die Orgel stehen soll, wird vermessen und durch Teilen der einzelnen Raummaße das Grundmaß ermittelt, mit dem damals der Baumeister gearbeitet hat. Wir haben es in alten Kirchen meistens nicht mit dem dezimalen Maßsystem zu tun, wie wir es heute mit dem Metermaß benutzen, sondern mit duodezimalen Maßsystemen, die sich zudem auch noch oft von Fürstentum zu Fürstentum unterschieden. Ist das Grundmaß des Raumes gefunden, ist damit auch das Grundmaß für die Orgel festgelegt und der Prospekt wird auf dieser Grundlage entworfen.
Das Instrument ist somit in allen seinen Teilen auf den Aufstellungs-Raum bezogen. Daneben werden natürlich Stil und Schmuckelemente oder andere raumtypische Eigenheiten in den Prospekt, vor allem in das Schleierwerk, eingearbeitet. Auf diese Weise wird ein Bezug zwischen Orgel und Raum geschaffen, der auf Anhieb sichtbar ist.
Manche Orgel besitzt klangliche Qualitäten, die aber im visuellen und im haptischen Bereich nicht ihre Entsprechung finden. Ein Beispiel ist die triste Atmosphäre mancher Spieltische! Allein solch eine "Kleinigkeit" wie mit Kunststoff belegte Tasten führt dazu, daß der Spieler nicht "wohl fühlt" in der unmittelbaren Bedeutung des Wortes und damit auch sich nicht wohlfühlt. Es besteht eine unmittelbare Beziehung zwischen diesen Begriffen und damit auch zwischen diesen Dingen! Ein gutes Instrument, wie wir es uns vorstellen, muß auch in dieser Beziehung den Spieler ansprechen!
Werden diese Dinge in ihrer Gesamtheit gesehen und beim Bau einer Orgel umgesetzt, entstehen quasi automatisch hochwertige Instrumente. Allerdings muß, wenn es eine außergewöhnliche Orgel werden soll, zur intellektuellen und handwerklichen Bewältigung immer auch "das gewisse Etwas", das Gespür, die Intuition – das, was das Instrument letztlich "beseelt" – hinzukommen.